Zum vorigen Text - Zurück zum Inhaltsverzeichnis - Zum nächsten Text

Das Kino

Die stürmischen, wüsten Bewegungen einer Liebesszene
laufen deine Wangen entlang
und lassen mich
neben dir im Kinosessel sitzend
die Beine versuchend lässig baumeln zu lassen
und mit den Füßen der Nachbarin
in einer unerfüllten Sehnsucht schwelgend, flirtend
KARAMELLBONBONS FRESSEN
Irgendwann wird das Licht angehen
ich werde verwirrt um mich schauen
die zerknüllten KARAMELLBONBONHÜLSEN entdecken
und mich fragen
warum ich wieder einmal den Moment verpasst habe
der falschen Frau in diesem dämlichen Film (Tootsie)
die Perücke vom Kopf zu reißen
und dich, Liebste, zwischen den Kinosesseln zu lieben

Cinema Club

- Wir arbeiten in einer "Assoziation Kino"«..
- Und was bezweckt ihr damit?
- Vielleicht sind unsere Augen wie eine Kamera und unsere
Lebens­geschichte ist wie ein langer Spielfilm, den wir ihn im
Kino sehen weder anhalten noch zurückspulen können, nicht einmal
sein Ende kennen wir.
- Na schön, doch warum noch zusätzlich darüber schreiben, wenn wir
schon mittendrin stecken und letztendlich auf den Verlauf und das
Ende des Films sowieso keinen vollständigen Einfluss haben?
- weil die Mauer in Berlin durch ihr physisches Verschwinden in
unseren Köpfen nur noch präsenter geworden ist, die optisch
erfass­bare äußere Welt nicht immer unserer inneren Wirklichkeit,
auf die wir tag täglich mit unserem Handeln treffen, entspricht.
Deshalb erfindet das Kino uns immer neue Sehperspektiven, denn von
einem Stuhl aus erzählen wir die gleiche Geschichte anders, als
auf einem Tisch stehend.

Leben und Wort

Verzaubert, fühle ich
den Schmerz der Trennung
du willst mich an deinem Zauber teilhaben lassen
doch du kannst nicht sehen
dass ich nur schweigen kann
Manchmal fallen Worte in die Zeit
wie Edelsteine
und du spürst
das Feuer in Dir
Es sagt: Ich bin, und verbrenn…

"Das Kino" © Thomas Hecht (01/93)