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Im Park

Das Geranienbeet duftete lieblich und meine Glieder räkeln sich zwischen ihnen wie Lianen. Meine Hände graben sich in die Erde des Hochsommers. Ein Springbrunnen plätschert in mal sanften, mal aufbrausenden Klängen, wie eine Symphonie Tschaikovskis. Ein vorübergehender Spaziergänger, ein alter, untersetzter Mann mit Spazierstock und kleinem Dackel schaut mich verwundert an. Gerade zieht über meinen Kopf hinweg eine riesige, wattebauschige Kumuluswolke in Gestalt eines Elefanten hinweg, als unsere Blicke sich begegnen. "Ist das nicht sehr unbequem so auf dem kalten Boden und außerdem machen sie das ganze Beet kaputt." Ich erwidere ihm darauf, dass ich mich noch nie so wohl gefühlt habe und er setzt kopfschüttelnd seinen Weg fort. Nach einer ganzen Weile erhebe ich mich, schüttele mir die Erdkrumen aus dem Rücken und mache ich über die Wesersandsteinplatten auf den Weg, vorbei an der großen Rasenfläche, wo einige Kinder ihre Drachen steigen lassen, vorbei an den kleinen Beeten mit Sommerblumen allen Farben, für die ich anfange mir Namen auszudenken und die lauschige Parkbankecken bilden und mich an meine Kindheit erinnern, in der ich mit meinen Eltern in solchen grünen Winkeln saß. In einer Parkbankecke sitzen drei Jugendliche in Lederjacken und trinken Bier. Ich erinnere mich an die früheren Spaziergänge als Kind mit meinem Vater im Bürgerpark, an die große Elchfigur aus Gusseisen und den großen Ententeich, den wir oft stundenlang beobachteten und die Enten fütterten und manchmal fühle ich mich dann wieder als kleineres Teil eines großen Ganzen.

"Im Park" © Thomas Hecht (2007)